Erholung der Wirtschaft und Klimaschutz durch Materialengpässe gefährdet

Die Versorgung des Bau- und Ausbauhandwerks mit Material ist derzeit massiv gefährdet. Gleichzeitig steigen die Preise vor allem für Holz, Metalle, Dämmwolle, Farben und Silikone stark an.

Die Preise für Bauholz sind seit September um fast 120% gestiegen, Dachlatten sind im gleichen Zeitraum über 210 % teurer geworden. Die Preise bei den Holzwerkstoffplatten, zum Beispiel OSB-Platten, sind über 40 % gestiegen.  Mineralölerzeugnisse um 15 Prozent und Betonstahl um 30 Prozent. Bei Wärmedämmung gibt es sogar eine Preissteigerung von 50%. Und das Ende der Preisschraube ist noch nicht in Sicht. Auch die tatsächliche Verfügbarkeit von Holz ist bereits jetzt schon stark eingeschränkt und es gibt sehr lange Lieferzeiten.

Ursache der Entwicklung ist eine stark gestiegene Nachfrage aus China und den USA, wo sich die Konjunktur in den letzten Monaten bereits durchgreifend erholt hat.

„Wenn die Mangelsituation länger anhält, könnten auch Baustopps oder Kurzarbeit die Folge sein. Und das obwohl die Betriebe volle Auftragsbücher haben“, so Handwerkskammerpräsident Hans-Jörg Friese.

Das Handwerk habe die Konjunktur in den letzten Monaten stark gestützt, nun gefährde die Materiaknappheit jedoch die schnelle konjunkturelle Erholung nach dem Ende der Pandemie.

Vor allem von der öffentlichen Hand fordert Friese Entgegenkommen: „Vereinbarte Angebotspreise sind eigentlich fix. In der heutigen Lage können Sie jedoch zur Existenzgefährdung des ausführenden Betriebs führen. Hier muss die öffentliche Hand bereit sein, den Verlust zumindest teilweise auszugleichen.“ Auch im privaten Bereich wirbt er für Verständnis bei den Auftraggebern, dass es gegebenenfalls zu Erhöhungen der Angebotspreise kommt.

Dachdeckermeister und Vizepräsident der Handwerkskammer Michael Zimmermann lenkt den Blick auch auf ein anderes Thema: „Momentan ist kein Ende der Preisspirale absehbar. Diese Entwicklung gefährdet massiv den Klimaschutz in Europa. Ohne Dämmung und ohne Holz können Sie bei Immobilien die Klimaschutzziele nicht umsetzen. Die Zeche zahlen vor allem die Verbraucher. „Wer gerade dabei ist, sein Einfamilienhaus zu bauen, hat nun ein echtes Problem“, so Zimmermann. „10 Prozent der Dachdecker haben schon Kurzarbeit angemeldet. Ich habe große Angst, dass wir im Sommer überhaupt kein Material mehr bekommen werden. Die Händler geben uns nur noch Tagespreise – verlässliche Angebote an unsere Kunden sind so kaum noch möglich”, berichtet Zimmermann.

Zimmerermeister Felix Harth, Inhaber Zimmerei Harth, Ingelheim und Obermeister der Bau-Innung Bingen hat den gleichen Eindruck: “Bei den Betrieben grassiert die Angst, dass wir bestellte Waren nicht mehr bekommen und deswegen in Kurzarbeit gedrängt werden. Zum Glück stehen die regionalen Lieferanten bisher zu ihrem Wort. Mein Betrieb baut derzeit Kindergärten in Holzbauweise. Pro Kindergarten zieht die Erhöhung der Holzpreise sechsstellige Preissteigerungen nach sich.“