Bauwirtschaft sieht weiterhin dringenden Bedarf für den Bau der Laubenheimer Deponie

In die Berichterstattung in den Medien und die Diskussionen rund um den Laubenheimer Steinbruch ist seit der Pressekonferenz der Mainzer Umweltdezernentin Janina Steinkrüger vom 13. April 2022 Bewegung gekommen. Im Juli will die Mainzer Umweltdezernentin im Stadtrat beantragen, das eingereichte Planfeststellungsverfahren aufzuheben.
Die Bauwirtschaft in Rheinland-Pfalz, die Bauinnungen Bingen und Mainz und die Handwerkskammer Rheinhessen haben die Ankündigung mit Besorgnis zur Kenntnis genommen und sprechen sich weiterhin für den Bau der Laubenheimer Deponie aus.
Die Überraschung für die Wirtschaft war vor allem deshalb groß, da die Stadt Mainz noch mit Datum vom 16. Oktober 2020 schriftlich gegenüber der Bauwirtschaft erklärt hatte:
„Seit nunmehr 10 Jahren plane ich zusammen mit unserem Entsorgungsbetrieb die Errichtung der Deponie im Steinbruch Mainz-Laubenheim, um die Verantwortung für die in Mainz anfallenden Abfälle wahrzunehmen und lange umweltbelastende Transporte von Massenabfällen auf fernliegende Deponien zu vermeiden. Ich freue mich sehr über Ihre kompetente Unterstützung und hoffe, dass Ihre eindringlichen, in allen Punkten absolut zutreffenden Ausführungen mithelfen werden, Zweifler von der Bedeutung des Deponie-Projektes für die gesamte Stadt Mainz und die Wirtschaft im Mainzer Raum zu überzeugen.“
Mit dieser Antwort reagierte die Stadt auf den Appell der Bauwirtschaft vom 22.09.2020, aus Gründen des Klimaschutzes und der Wirtschaftlichkeit die Deponie zu befürworten.
Die für die Rücknahme des Antrags angeführten Gründe sind nach der Einschätzung der Fachleute nicht zutreffend, wie Tim Gemünden (Geschäftsführer Gemünden Bau), Peter Karrié (Obermeister der Bau-Innung Mainz), Thomas Weiler (Hauptgeschäftsführer Bauwirtschaft Rheinland-Pfalz) und Dominik Ostendorf (stellv. Hauptgeschäftsführer Handwerkskammer Rheinhessen) in einer Pressekonferenz erläuterten.

Hier finden Sie die wesentlichen Argumente:

Geht der Bauboom zurück?

Das Umweltdezernat möchte die bisherigen Pläne zur Errichtung einer Deponie im Laubenheimer Steinbruch nicht weiterverfolgen. Als Begründung wird unter anderem angeführt, dass der Bauboom der vergangenen 20 Jahre zurückgehen wird. Mit den aktuellen Entwicklungen in der Landeshauptstadt Mainz passt dies nicht zusammen. Aufgrund der Pläne der Stadt , im großen Stil Biotechnologie und verwandte Branchen in Mainz anzusiedeln, ist eine verstärkte Bautätigkeit im gewerblichen Bereich zu erwarten.
Wie der Presse zu entnehmen war, rechnet OB Ebling im Zuge der Ansiedlung mit rund 5.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Mit diesen Arbeitsplätzen geht ein entsprechender Zuzug und entsprechender Wohnraumbedarf auf dem ohnehin schon sehr angespannten Mainzer Wohnungsmarkt einher (siehe Wohnungsmarktbericht 2020 – schon damals ging die Stadt Mainz – noch vor der Entwicklung der neuen Arbeitsplätze im Bereich Biotechnologie – von noch zu bauenden 12.000 Wohneinheiten aus.). Auch hier ist, um den hohen Wohnraumbedarf in Mainz zu bedienen, eine verstärkte Bautätigkeit im Bereich Wohnimmobilien zu erwarten.

Kann tatsächlich alles, was sonst auf einer Deponie entsorgt würde, wiederaufgearbeitet und neu genutzt werden?

Der Recycling-Trend im Bereich Bauen wird zu einem Rückgang an Deponiebedarf führen, allerdings wird dieser durch das Ende der Verfüllung in aktuell aktiven Deponien schon überkompensiert. Es ist festzustellen, dass der ganz überwiegende Teil des zu deponierenden Materials nicht Bauschutt ist. Bauschutt wird schon heute umfangreich recycelt. Bei den befragten Bauunternehmen wird der anfallende Bauschutt (z. B. belasteter Mauerbruch, Betonabbruch) bereits zu über 90 Prozent im eigenen Betrieb recycelt und zum Beispiel als Tragschicht wieder eingebaut. Ausgenommen sind hiervon nur noch geringe Mengen von nicht recycelbaren Fremdkörpern wie asbesthaltige Dachelemente, die auf dafür zugelassenen Deponien entsorgt werden müssen. (Hinweis: In den bisherigen Plänen für die Deponie im Laubenheimer Steinbruch war Asbest nie vorgesehen und daran wird seitens der regionalen Bauwirtschaft auch nicht gerüttelt). Bauschutt, der schon jetzt umfangreich recycelt wird, ist also nicht das Problem. Das eigentliche Entsorgungsproblem hat die Baubranche mit belasteten Böden, die aufgrund ihrer geologischen Beschaffenheit nicht tragfähig sind und somit nicht wieder eingebaut werden können. Der Anteil der nicht wieder einbaubaren Böden macht beispielsweise bei der Firma Gemünden aktuell ca. ein 2/3 des anfallenden Erdmaterials aus. Belastete Böden müssen auf einer Deponie entsorgt werden. Sie machen ganz klar das Gros der durch die Baubranche zu deponierenden Materialien aus.

Inwieweit ist der Abbruch der Mombacher Hochbrücke für die Entscheidung über den Bau der Deponie relevant?

Bei der Mombacher Hochbrücke ist davon auszugehen, dass der Großteil des Abbruchmaterials recycelbarer Bauschutt ist. Da Bauschutt nicht das Hauptproblem bei der Entsorgung ist, ist die Mombacher Hochbrücke für die Frage der Notwendigkeit der Deponie im Laubenheimer Steinbruch aus Sicht der Baubranche weitgehend irrelevant. Der Bedarf entsteht vor allem da, wo zum Beispiel im Mainzer Stadtgebiet im großen Umfang gebaut wird und viel Erdaushub anfällt. Was bei Großbauvorhaben in Mainz an Volumen zu bewegen ist, hier mal an aktuellen Beispielen illustriert.

  • Zollhafen:
  • Bruttobauland 22 ha: 220.000 m² x 3m = 660.000 m³
  • Quelle ha-Angabe:
  • https://zollhafen-mainz.de/de/zahlen-fakten
  • GFZ-Kaserne:
  • Fläche 10 ha: 100.000 m² x 3 = 300.000 m³

Quelle ha-Angabe:

  • https://www.mainz.de/verwaltung-und-politik/buergerservice-online/gfz-kaserne.php
  • Entwicklungsgebiet Lerchenberg für Labore und Forschung
  • Bruttobauland 5,5 ha: 55.000 m² x 3m = 165.000 m³
  • HISTORISCH: Gonsbachterassen (Konnte nicht in Mainz entsorgt werden)
    Bruttobauland 24,0 ha: 240.000 m2 * 3m = 720.000 m3 lt. Stadt Mainz


Reichen die Ablagerungskapazitäten in Framersheim und Wiesbaden tatsächlich aus?

Wo gebaut wird, muss auch deponiert werden. Das gehört zur Daseinsvorsorge und trägt zur Vermeidung langer Transportwege und dem damit einhergehenden überflüssigen CO2-Ausstoß bei. Zudem darf die Planung von Deponiekapazitäten nicht immer nur maximal „auf Sicht“ erfolgen. Die Flutkatastrophe im Ahrtal hat gezeigt, wie ein einziges Ereignis die Deponiekapazitäten in der Region über ihre Grenzen bringen kann.

Kapazität Framersheim:

Hier soll ca. 1.000.000 m³ Kapazität zur Verfügung stehen / bis DK II.
Allein die Bauunternehmungen Gemünden und Karrié hatten im Jahr 2021 rund 270.000 m³ mineralische Abfälle zu entsorgen. Heißt konkret: Wenn nur diese beiden Firmen ihren Erdaushub nach Framersheim fahren würden, wären diese Kapazitäten bereits innerhalb von 3,5 Jahren erschöpft.

Entsorgung 2021 (nur Gemünden + Karrié)  
Z 0130.000,00 m³234.000,00 to.
Z 1.142.000,00 m³75.600,00 to.
Z 1.250.000,00 m³90.000,00 to.
Z 235.000,00 m³63.000,00 to.
> Z 212.000,00 m³22.000,00 to.
Summe269.000,00 m³484.000,00 to.
   
   
   

Kapazität Wiesbaden:

Laut den in der Presse nachzulesenden Plänen des Umweltdezernats soll DKI künftig nach Wiesbaden deponiert werden. In der Presse wird der Leiter der Wiesbadener Entsorgungsbetriebe damit zitiert, dass dies ab 2024 möglich ist und die Verfüllung auf 20 Jahre angelegt ist. Wir verweisen darauf, dass Entsorgung Ländersache ist und nicht davon auszugehen ist, dass bei Deponieknappheit in Hessen rheinland-pfälzische mineralische Abfälle in den nächsten zwei Jahrzehnten sicher nach Wiesbaden gefahren werden können. Es stellt sich nach den hier vorhandenen Informationen die Frage, ob die Stadt von den richtigen Mengengerüsten (siehe Tabelle oben), von belastbaren Angaben zur Wirtschaftlichkeit der Deponie (die auf dem Mengengerüst beruht) ausgeht.

Diese Mengengerüste müssten die Grundlage für Verträge sein, bei denen sich auch die Frage stellt, wie die Verträge formuliert sein sollen, so dass die entsorgungsverpflichteten Betriebe auch tatsächlich aus der Vereinbarung berechtigt sind und wie sich das Kostengerüst für die Mainzer Betriebe darstellt.

Für die Entsorgung des Aushubs, der bei den Mainzer Baugebieten entsteht, ist nicht die Stadt, sondern die ausführenden Betriebe verantwortlich, die für JEDE einzelne Entsorgung erst bei der Deponie anfragen sowie eine Genehmigung der SAM erhalten muss.

Außerdem müssen die aufgerufenen Preise kalkuliert und auf den Kunden umgelegt werden.

Würde eine Deponierung tatsächlich die Stabilität des Hanges gefährden?

Warum durch die Auffüllung des Steinbruchs die Stabilität des Hanges gefährdet werden könnte erschließt sich aus erster Sicht, ohne Kenntnis des entsprechenden Gutachtens, nicht. In der Regel stabilisiert man einen Hang am besten dadurch, dass man ihn vom Fuße her anschüttet und somit die freie Hangfläche immer weiter reduziert. Genau dies würde durch die Verfüllung des Steinbruchs passieren.