Aktuelle Regelungen zu Quarantäne, Genesenenstatus und Entschädigungszahlungen nach § 56 IfSG

Durch die am 15. Januar 2022 in Kraft getretene Verordnung zur Änderung der Schutzmaßnahmenausnahmeverordnung
und der Coronaviruseinreiseverordnung sind die Vorgaben des Paul-Ehrlich-Institus (PEI) und des RKI zu Quarantänezeiten und Genesenennachweisen zum Maßstab für deren Gültigkeit geworden. Dies hat Auswirkungen für die betriebliche Praxis im Hinblick auf Entschädigungszahlungen nach § 56 IfSG und 3G am Arbeitsplatz.

Gültigkeit des Genesennachweises
Mit Veröffentlichung im Internet hat das RKI die Gültigkeitsdauer des Genesenennachweises über Nacht von sechs Monaten auf 90 Tage verkürzt. Weder die Änderungsverordnung noch die Vorgaben des RKI enthalten eine Übergangsregelung für „Altfälle“. Bestandsschutz für ältere Genesenennachweise besteht laut einem Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums nicht.

Impfstatus bei Impfung mit „Johnson&Johnson
Aufgrund der dynamischen Verweisung auf die jeweils aktuellen Vorgaben des PEI zum Impfschutz sind nun für vollständigen Impfschutz beim Impfstoff von „Johnson&Johnson“ zwei Impfungen erforderlich.

Folgen für die Praxis
Die Verkürzung der Gültigkeitsdauer von Genesenennachweisen und die Neubewertung der „Johnson&Johnson“-Impfung bedeutet, dass Arbeitgeber sämtliche im Rahmen der 3G-Regelung bereits hinterlegte Nachweise auf Gültigkeit nach den aktuellen Regelungen überprüfen müssen. Beschäftigte, deren Genesung länger als 90 Tage zurückliegt, dürfen nur mit einem negativen Testergebnis oder einem vollständigen Impfnachweis die Arbeitsstätte betreten. Zudem müssen Arbeitgeber künftig die aktuellen Entwicklungen prüfen und den 3G-Zutritt entsprechend anpassen. Datenschutzrechtlich lässt sich vertreten, dass die Erhebung dieser besonderen personenbezogenen Daten (Anzahl der Impfdosen) zur Einhaltung der Verpflichtung nach § 28b IfSG zum Zweck der Zugangskontrollen gedeckt ist.

Ausschluss der Entschädigung nach § 56 Abs. 1 Satz 4 IfSG wegen Vermeidbarkeit der Quarantäne

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat eine Kurzinformation zum Ausschluss des Entschädigungsanspruchs infolge fehlender Auffrischimpfung veröffentlicht. Gegen-stand der Kurzinformation ist die Frage, ob auch das Fehlen einer COVID-19-Auffrischungsimpfung (sog. Booster-Impfung) zum Ausschluss der Entschädigung für den Verdienstausfall im Sinne des § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG führt.
Damit es sich um eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 4 IfSG handelt, müssen die obersten Landesgesundheitsbehörden öffentliche Empfehlungen für Schutzimpfungen auf der Grundlage der jeweiligen Empfehlungen der STIKO aussprechen (§ 2 Abs. 3 IfSG). Bislang war es in vielen Bundesländern so, dass die Empfehlung der obersten Landesbehörde stets die aktuellen STIKO-Empfehlungen umfasst. Die STIKO empfiehlt derzeit eine Auffrischungsimpfung für Personen ab dem 18. Lebensjahr mindestens drei Monate nach der Grundimmunisierung. Hier finden Sie die RKI-Liste der Bundesländer mit Links zu den jeweiligen Impfempfehlungen.

Folgen für die Praxis
Die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes unterscheidet für den Ausschluss der Entschädigung nicht zwischen Kontaktpersonen und nachweislich Infizierten. Nach unserer Auffassung kann die in der Kurzinformation dargestellte Rechtsfolge aber nur für Kontaktpersonen gelten. Nach § 56 Abs. 1 Satz 4 IfSG ist Voraussetzung für den Entschädigungsausschluss, dass die Impfung eine Quarantäne verhindert hätte. Das ist bei geboosterten und frisch geimpften Kontaktpersonen der Fall, da diese nach den geänderten Quarantäneregelungen nicht in Quarantäne müssen. Für zweifach geimpfte Kontaktpersonen besteht eine Quarantäneverpflichtung und eine Auffrischungsimpfung hätte die Quarantäne vermieden. Diese erhalten deshalb keine Entschädigung.
Infizierte Personen müssen in Quarantäne, auch wenn sie bereits dreifach geimpft sind. Bei einem Infizierten, der zweifach geimpft ist, kann nach unserer Einschätzung nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass eine Auffrischungsimpfung eine Infektion und da-mit die Quarantäne verhindert hätte. In diesen Fällen müsste deshalb unseres Erachtens eine Entschädigung gewährt werden.
Angesichts der Kurzinformation des Wissenschaftlichen Dienstes empfehlen wir, in Zweifelsfällen vor Auszahlung das zuständige Gesundheitsamt zu kontaktieren.


Quarantäne und Isolation ohne Bescheid
Nach unseren Informationen werden aufgrund der hohen Infektionszahlen von den Gesundheitsämtern vielfach keine Quarantänebescheide mehr erlassen. Teilweise ergeben sich Quarantänepflichten unmittelbar aus den Corona-Verordnungen der Länder, teilweise erfolgt die „Anordnung“ einer Quarantäne nur mündlich durch das örtliche Gesundheitsamt.

Folgen für die Praxis
Für den Arbeitgeber ist die Kenntnis des Startdatums der Quarantäne im Rahmen der Vorausleistung der Entschädigung zwingend erforderlich. Daher muss Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch sein, dass der Arbeitnehmer den offiziellen (positiven) Testnachweis beim Arbeitgeber einreicht.